Zwischen Trauer und Aufbruch. Eine Lageeinschätzung aus Rojava.

Am 18. März liess Erdogan verlauten, Afrin sei eingenommen. Über die Situation in Rojava haben wir am 24. März mit Kerem Schamberger gesprochen, der sich zu diesem Zeitpunkt in Kobane aufhielt. Schamberger ist deutsch-türkischer, kommunistischer Aktivist und Kommunikationswissenschaftler.

Kerem, Afrin scheint eingenommen. In den Medien waren unterschiedliche Stimmen bezüglich der Strategie der Syrian Democratic Forces (SDF) zu hören. Die Rede war von einer kommenden Guerilla-Taktik vonseiten der SDF aber auch von vollständigem Rückzug. Was ist der aktuelle Stand?

Die SDF und die YPG haben sich nicht zurückgezogen, sondern die Kriegstaktik geändert – von einem klassischen Frontenkrieg zwischen zwei Armeen zu einem Guerillakrieg. Das heisst, an neuralgischen Stellen wird interveniert und es werden Schläge und Anschläge gegen die Besatzungstruppen ausgeführt. Dies ist nicht nur eine Ankündigung, sondern wurde auch schon umgesetzt. Das Pressezentrum der YPG hat in den letzten Tagen wiederholt Videos veröffentlicht, wie sie militärische Fahrzeuge der Besatzer beschiessen und zerstören. Das ist der aktuelle Stand. Der YPG-Pressesprecher von Afrin hat gesagt, dass die SDF-Einheiten nach wie vor in allen Regionen Afrins tätig sind, um diesen Guerillakrieg zu führen.

Die Dimension der Zerstörung ist derzeit nur schwer fassbar. Es gibt Aufnahmen und Berichte von massiven Zerstörungen und Plünderungen. Was ist dein Kenntnisstand?

Die Zerstörungen sind massiv. Nicht nur in der Stadt Afrin, sondern auch in den Dörfern und Kleinstädten Radscho, Dschandairis und weiteren. Es kam auch zu massiven Plünderungen von Wertgegenständen. Dabei wurden auch Ziegen, Kühe, Traktoren und vieles mehr gestohlen. Das dient dem Ziel, eine Grundlage für ein eigenes Leben in der Region aufzubauen. Es ist bekannt, dass die Familien der Dschihadisten, die in Afrin einmarschiert sind, an der Grenze zur Türkei warten, um in die entvölkerten Dörfer einzuziehen. Die SDF haben erklärt, dass auch die Familien der dschihadistischen Kämpfer ins Visier der SDF geraten können. Sie haben sie gewarnt, nicht in die Häuser einzuziehen, weil das eine Beteiligung an der geplanten ethnischen «Säuberung» und Vertreibung der dort ansässigen Kurden, Aleviten, Jesiden, Christen und weiteren Bevölkerungsteilen ist.


Aktuelle Bewegungen und Frontverläufe in Syrien kartografiert syria.liveuamap.com.

Die Türkei ist Aggressor von Europas Gnaden und bedient sich dabei ungehemmt dschihadistischer Kräfte. Erdogan rühmt sich mittlerweile öffentlich mit dem faschistischen Gruss der Grauen Wölfe. Welche faschistische Dimension haben Erdogan und die Milizen der FSA und was bedeutet das für Afrin und für Rojava?

Die Milizen, die in Afrin zum Einsatz gekommen sind, nennen sich «Freie Syrische Armee». Diese Armee war schon zu ihrer Gründungszeit nicht wirklich das, was draufstand. Mittlerweile ist sie das bei Weitem nicht mehr. Sie besteht aus einem Zusammenschluss dschihadistischer Kräfte. Der türkische Investigativjournalist Fehim Tastekin hat recherchiert, dass etwa 19 verschiedene, meist dschihadistische Gruppen in den Reihen der FSA in Afrin kämpfen – zum Beispiel die Turkistan Islam Partei. Das ist eine Partei bestehend aus radikalislamistischen Uiguren, die enge Kontakte zur Taliban und zur Al-Kaida haben. Ein anderes Beispiel ist die Sultan Murat Brigade, die aus islamistischen Turkmenen besteht. Ich habe heute mit einem Journalisten gesprochen, der gesagt hat, dass es auch etliche arabischstämmige dschihadistische Kräfte aus verschiedenen Teilen Rojavas unter den Besatzern hat. Diese haben bei den Kriegen 2013 und 2014 – in Tell Abyad zum Beispiel – noch Niederlagen gegen die YPG und YPJ eingefahren und wurden danach vom türkischen Staat neu organisiert. Jetzt nehmen sie in Afrin direkte Rache an denjenigen, von denen sie damals geschlagen wurden.


Der türkische Präsident hat im März bei einer Rede in Mersin den faschistischen Wolfsgruss gezeigt.

Die andere Seite ist der faschistische Charakter der türkischen Armee. Die Soldaten, die in Afrin zum Einsatz kommen, sind oft Soldaten von Gendarmerie- und Polizeispezialeinheiten. Diese haben einen politischen Charakter. Sie bestehen aus Leuten, die sich explizit als Faschisten oder Ultranationalisten verstehen und sich als Graue Wölfe bezeichnen. Sie wollen sich gezielt gegen Kurden engagieren. Es gab etliche Bilder, auf welchen Soldaten mit dem Zeichen des Wolfsgrusses (sozusagen der türkische Hitlergruss) oder dem islamistischen Rabia-Zeichen (Zeichen der Muslimbrüder, das auch für Erdogan steht) zu sehen sind. Zudem wurden immer wieder erhobene Zeigefinder gesehen. Diese stehen für «es gibt nur einen Gott» und sind in diesen speziellen Fällen als islamistische Geste zu verstehen.

Wie beurteilst du den kurdischen Hilferuf an die syrische Regierung? Wie real war die Option einer Zusammenarbeit mit dem Regime? Wäre es dadurch möglich gewesen, den türkischen Vormarsch und die damit verbundenen Massaker und Vertreibungen zu verhindern?

Die Selbstverwaltung von Afrin hat sich nie als einen vom syrischen Staat losgelösten Teil gesehen, sondern nur mehr Autonomie, mehr Unabhängigkeit, und mehr Selbstverwaltung gefordert. Deshalb hat sie sich in einem Aufruf an die syrische Regierung gewandt und gesagt: «Wenn ihr wirklich die Einheit und die Gesamtheit des Landes verteidigen wollt, warum verteidigt ihr dann nicht die Aussengrenzen rund um Afrin?»
Meine Einschätzung ist, dass die syrische Regierung sogar bereit gewesen wäre, mit den Kräften in Afrin zusammenzuarbeiten. Doch es war ein politischer Krieg, der in Afrin stattgefunden hat. Dieser ging über die Entscheidungsgewalt der syrischen Regierung hinaus und war eine Sache zwischen Russland und den USA. Russland wollte verhindern, dass syrische Soldaten der SAA – der Syrischen Arabischen Armee – eingesetzt werden, weil sie ein direktes Zusammentreffen der türkischen Armee mit der SAA verhindern wollte. Russland hat der Türkei den Angriff genehmigt, indem es den Luftraum geöffnet hat, um das politische Projekt Rojava zu zähmen und der Türkei ein Angebot zu machen, um dafür im Gegenzug die Gebiete in Ostghuta zu bekommen. Wie wir jetzt sehen, werden letztere derzeit eingenommen und die verbliebenen radikalislamistischen Kräfte werden zum grossen Teil nach Idlib gebracht. Es war also nicht im Interesse Russlands, dass die syrische Regierung dort eingreift, obwohl sie hätte eingreifen können.


In diesem Haus bei Kobane legte die YPG dem IS einen Hinterhalt. Im Hintergrund die türkische Fahne und die graue Grenzmauer. Fotografie: Kerem Schamberger.

Das A und O in diesem Krieg ist die Lufthoheit. Wenn die türkische Luftwaffe nicht gewesen wäre, hätten die türkischen und dschihadistichen Bodentruppen keine Chance gehabt. Es ging also darum, über Luftabwehrgeschütze zu verfügen, um die Bombardierung zu stoppen. Meine Einschätzung ist, wie gesagt, dass Assad das wollte, aber er von Russland kein grünes Licht bekommen hat. Das Regime in Damaskus ist nämlich nicht besonders erfreut über die immer weitergehenden türkischen Annexionen. Nur mit Luftabwehrgeschützen wäre es möglich gewesen, den türkischen Angriff zu stoppen. Es war auch schon sehr konfliktreich, als die NDF, die National Defence Forces in den Konflikt eingreifen wollten. Das sind schiitische Milizen, die in Kleinstädten zwischen Afrin und Aleppo leben. Sie sind regimetreu und der YPG wohlgesonnen, weil sie in den Jahren 2013/2014 gemeinsam gegen sunnitisch-dschihadistische Kräfte gekämpft haben. Sie wollten der YPG als Bodenkraft zur Hilfe eilen, was jedoch erst nach iranischem Druck gelungen ist. Insgesamt hat das syrische Regime auch keine grosse Handlungsmacht, wenn es seiner Schutzmacht Russland nicht passt. Ohne Moskau würde es Damaskus schon lange nicht mehr geben.

Was bedeutet die Invasion und – damit verbunden – die Vertreibung grosser Teile der Bevölkerung für den Kanton Afrin und für die Selbstverwaltung?

Ziel der türkischen Aggression ist auch eine ethnische Neukomposition der Region. Das heisst die angestammten Menschen – was zur Mehrzahl Kurden sind, aber auch Alewiten, Assyrer, Jesiden – sollen alle vertrieben werden, bzw. sind in den letzten Wochen zum grossen Teil bereits vertrieben worden. Das Ziel ist es, viele syrische, arabische Geflüchtete, die seit Jahren in der Türkei Zuflucht gefunden haben, anzusiedeln. Meistens handelt es sich um Familien radikalislamistischer Kämpfer, die schon an der Grenze warten. Das heisst, es soll eine ethnische Neukomposition stattfinden und die kulturelle Vielfalt soll zerstört werden. Das sieht man auch an den Zielen der Bombardierung durch die türkische Luftwaffe. Das waren bei Weitem nicht nur militärische Ziele sondern auch viele Tempelanlagen und historische Stätten. Das historische Gedächtnis dieser ganzen Gegend soll ausgelöscht werden, damit man ein neues, türkisch-osmanisches Gedächtnis draufsetzen kann. Was bisher dort war, soll vergessen gemacht werden, um etwas Neues in türkischem Sinne aufzubauen. Die Selbstverwaltung existiert aber weiterhin im Exil. Vor Ort ist sie momentan als politische Selbstverwaltung ausgelöscht worden, was aber nicht heisst, dass die ganzen Funktionäre von der Bildfläche verschwunden sind. Die Ko-Ministerpräsidentin von Afrin, Hevi Mustafa, eine Alewitin, agiert zum Beispiel immer noch politisch, musste aber in andere Gebiete fliehen und hat de facto keine Handlungsmacht mehr.

Du bist derzeit in Kobane. Wie ist die Situation dort im Moment und wie war die grosse Feier zu Newroz?

In Kobane ist die Stimmung zwiespältig. Zum einen gibt es viel Verbitterung über den Genozid in Afrin. Es herrscht grosse Trauer über die mehr als 500 getöteten Zivilist*innen aber auch über die gemäss offiziellen Informationen rund 820 getöteten Kämpfer*innen. Gleichzeitig merkt man aber auch, dass den Menschen die Errungenschaften aus den letzten Jahren nicht genommen werden können. Die Newroz-Feier war riesig. Es waren zehntausende Menschen da, gefühlt die ganze Stadt. Es war ein starkes politisches Zeichen. Dieses Zeichen ging nicht nur von Kobane aus. Wenn man sich die Newroz-Feiern in Nordkurdistan, also in der Osttürkei, aber auch in Istanbul angeschaut hat, dann waren insgesamt Millionen Menschen auf der Strasse und haben gezeigt, dass sie sich nicht einschüchtern lassen und dass der Kampf weitergeht. Es war ein sehr beeindruckendes und kämpferisches Zeichen, das zeigt, dass sie keinen Schritt zurückweichen werden.


Newroz-Fest 2018 in Kobane. Fotografie: Kerem Schamberger.

Derzeit werden wohl alle verfügbaren Ressourcen für die Verteidigung von Afrin und die Sicherung der anderen Regionen eingesetzt. Was bedeutet das für die Selbstverwaltung und wie macht sich das bemerkbar?

Ich habe auch gedacht, dass das alles okkupieren würde und alle damit beschäftigt wären, aber das stimmt nicht. Die Strukturen hier sind mittlerweile sehr stark. Es sind nicht nur Kurden aktiv, sondern auch viele Araber und andere Minderheiten und die Arbeit geht trotz der Kriegssituation in Afrin weiter. Ich habe sehr viele Medien besucht, die ihre Arbeit trotz der Situation weiterführen, aber auch andere politische Strukturen arbeiten wie gehabt. Es gab dort keine Einschränkungen. Natürlich lag die politische Aufmerksamkeit auf Afrin, indem man viele Solidaritätskonvois nach Afrin geschickt hat. So gab es zum Beispiel Frauensolidaritätskonvois zum 8. März. Das hat aber nicht bedeutet, dass die Selbstverwaltungsstrukturen in den anderen Kantonen nicht mehr funktioniert haben, im Gegenteil. Es sind sogar noch mehr Leute dazugekommen und haben sich gesagt: «Jetzt engagieren wir uns auch.» So habe ich das zumindest in den kurdischen Medienstrukturen wahrgenommen.

In den letzten Jahren wurde die Entwicklung oft aufgrund der strammen hierarchischen Strukturen und einem starken Fokus auf innere und äussere Sicherheit kritisiert – besonders in Bezug auf damit verbundene autoritäre Tendenzen und Zugeständnisse, bzw. Verwässerungen ursprünglich radikal-föderalistischer Elemente. Wie ist das angesichts der vergangenen Wochen und Monate und deinem Einblick vor Ort zu beurteilen?

Das kann ich nicht bestätigen. Es gibt natürlich eine Dualität aus radikaldemokratischen Elementen und Kaderstrukturen aber generell kann man sagen, dass die politische Praxis hier ziemlich gut läuft und breit aufgestellt ist. Es sind so viele Menschen engagiert die in ihrem Bereich aktiv sind – sei es in der Jugend, bei der Kultur, bei den Frauen, in der Verteidigung oder auch im Journalismus. Es hat sich eine basisdemokratische vertikale Verankerung gebildet. Diese ist natürlich immer von professionell arbeitenden Leuten (von Kadern), die dahinterstehen, angeleitet. Diese ermöglichen jedoch politische Prozesse eher, als dass sie sie verhindern. Natürlich gibt es einen starken Fokus auf innere und äussere Sicherheit, aber das ist aufgrund der militärischen Situation so. Mit dem Angriff auf Afrin ist auch der IS wieder erstarkt, weil der Kampf gegen ihn gestoppt oder verlangsamt werden musste. Das heisst, dass die Gefahr auf Anschläge wieder gewachsen ist. Zum Beispiel gab es in Qamishlo vor ein paar Wochen einen Autobombenanschlag. Aus diesen Gründen sind die Sicherheitsmassnahmen hoch, aber die Leute hier sind keine willenlosen Spielbälle, sondern haben ein äusserst entwickeltes politisches Bewusstsein. Ihnen ist klar, warum jetzt viel Wert auf Sicherheit gelegt wird. Man sollte das Verständnis ablegen, dass mit denen gemacht wird, was man will und dass sie willenlose Akteure seien. Genau das Gegenteil ist der Fall: es ist eine sehr politisierte Gesellschaft, die sich ihrer Möglichkeiten und Grenzen sehr bewusst ist.

Damit verbunden muss auch die Rolle des syrischen Regimes und der internationalen Kräfte (v.a. die von den USA angeführte Koalition) thematisiert werden. Welche Rolle spielen sie?

In diesem Bezug sollte man die Bewegung vor Ort nicht unterschätzen. Die Leute wissen, dass sie in einem bestimmten geopolitischen Mächtegleichgewicht agieren und versuchen in diesem Gleichgewicht für sich das meiste rauszuholen. Was ich vor Ort sehe, ist, dass die politische Zusammenarbeit mit Russland durch Afrin vorbei ist. Russland hat die Zusammenarbeit faktisch aufgekündigt. Auch die Zusammenarbeit mit den Amerikanern wird ganz bewusst gesehen: es wird gesagt, dass sie politisch kein Interesse am politischen Projekt Rojava haben, sondern daran, einen Fuss in Syrien zu haben. Die Menschen vor Ort befinden sich jedoch in einer Situation, in der sie auf Unterstützung angewiesen sind. Ohne irgendeine Macht, die sich zumindest momentan nicht direkt einmischt aber militärische Unterstützung leistet, geht es derzeit nicht. Das ist den Leuten bewusst und wird auch kritisch gesehen. Was ich sagen kann, ist dass die USA auf das, was politisch in Rojava passiert, keinerlei Einfluss hat. Das machen die Leute vor Ort, die Kurdinnen und Kurden und die anderen Minderheiten. Das ist momentan das Wichtige. Auch ökonomisch basiert die Entwicklung auf den Ideen, die hier vor Ort entwickelt werden; nicht US-Aid oder externe Berater*innen können sie diktieren.

Du hast immer wieder hervorgehoben, dass internationale Solidaritätsaktionen vor Ort wahrgenommen werden. Wie zeigt sich das? Was können solche Aktionen bewirken – von der symbolischen Bedeutung abgesehen?

Internationale Solidaritätsaktionen werden vor Ort wahrgenommen. Es macht für die Leute in Rojava deutlich, dass sie nicht alleine sind, sondern dass sie einen gemeinsamen Kampf führen mit ganz vielen Menschen aus der ganzen Welt – in Lateinamerika, den USA oder Europa. Aber nicht nur auf Rojava bezogen, sondern auch wenn wir von Leuten sprechen, die in Europa und Deutschland aktiv werden, finde ich die Wirkung von gemeinsamen Aktionen ganz wichtig. Dort kommt es zum Beispiel zum Zusammentreffen von der kurdischen Bewegung mit deutschen Linken. Diese Praxis des gemeinsamen Widerstands führt zu neuem Austausch, zu beidseitigem Lernen in politischen Aktionen und Massenaktionen. Je mehr passiert, desto mehr wird es zum Beispiel in Deutschland von der Presse thematisiert und dann werden auch Politiker*innen das Thema wahrnehmen und es auf die Tagesordnung bringen müssen.


Auflauf vor dem Bundeshaus am 18. März. Der Druck der Strasse lässt auch in der Schweiz nicht nach. Bild: anarchistisch.ch.

Darauf bezugnehmend: Was bedeutet für dich in diesem Kontext Antiimperialismus? Welche Rolle kommt diesem heute zu?

Die Unterscheidung zwischen Antiimperialismus und Imperialismus ist nicht mehr so gültig wie früher. Die USA sind eine imperialistische Macht aber genauso ist Russland eine imperialistische Macht. Vielleicht eine etwas defensiver agierende, aber gerade hier in Syrien agiert Russland doch sehr offensiv. Das sieht man zum Beispiel bei den Ölfeldern hier in Deir-e-Zor, die in der Hand der SDF sind. Dort sind russische Söldnertruppen beauftragt, diese Ölfelder zu erobern. Diese Söldner arbeiten im Auftrag russischer Grosskonzerne und agieren militärisch, wurden dann aber von den Amerikanern beschossen, weil diese ebenfalls Interesse am Öl haben. Verweisen möchte ich hier auf einige Thesen zur internationalen Politik, die wir in der Marxistischen Linken, einem Verein, in dem ich Mitglied bin, erarbeitet haben.

Besten Dank für dieses Interview!

Titelbild: Newroz-Fest 2018 bei Kobane. Fotografie von Kerem Schamberger.